Führung unter Druck: Warum Kontrolle keine Antwort auf Komplexität ist

Sinkende Nachfrage, steigende Unsicherheit, Transformationsdruck… Viele Unternehmen stehen 2025 unter immensem Druck. Die Reaktion darauf folgt oft einem eingefahrenen Muster: mehr Kennzahlen, mehr Kontrolle, mehr Tempo.
Das Problem: Diese Steuerungsinstrumente stammen aus einer Ära der Stabilität und greifen in einem komplexen, von KI geprägten Umfeld nur noch bedingt.
Denn Kontrolle mag kurzfristig Struktur schaffen, sie ersetzt aber nicht das, was Organisationen wirklich resilient macht: Vertrauen, Sinnorientierung und die Fähigkeit, Komplexität gemeinsam zu gestalten.
Wenn Effizienz zur Falle wird
Mit dichter getakteten Schichten, reduzierten Teams und engeren Zielvorgaben entstehen aus Managementsicht klare Strukturen und bessere KPIs. Doch die stille Gegenbewegung in den Organisationen folgt oft unmittelbar: sinkendes Engagement, wachsende Erschöpfung, steigende Fluktuation.
Die Diskrepanz zwischen Produktivität „auf dem Papier“ und Belastung im Alltag ist symptomatisch für eine Führung, die Zahlen betont, aber Zusammenhänge vernachlässigt.
In der jüngsten Deloitte Human Capital Trends 2025-Studie gaben 76 % der Führungskräfte an, Automatisierung gezielt für Effizienz zu nutzen, aber nur 8 % schaffen zugleich strukturiert Raum für Reflexion, Lernen und Innovation. Dabei berichten genau diese Organisationen von überdurchschnittlicher Performance und Mitarbeiterbindung.
New Leadership: Orientierung in der Unsicherheit
Die zentrale Aufgabe von Führung im Wandel liegt heute nicht mehr in Planung und Kontrolle, sondern in Bedeutung.
Führungskräfte müssen Sinn schaffen, Vertrauen in Veränderung fördern und aufzeigen, wie Technologie Menschen stärkt – nicht ersetzt.
Ein resilientes Leadership-System beruht daher auf drei Leitsätzen:
- Balance zwischen Anspruch und Fürsorge: Erfolg entsteht dort, wo Leistung und Wohlbefinden gleichrangig gedacht werden.
- Vertrauen als Steuerungslogik: Teams brauchen Entscheidungsfreiheit, kein starres Regelwerk.
- Reflexion als Führungsroutine: Führung ist kein Zustand, sondern ein (Lern-) Prozess.
Technologie als Vertrauensverstärker
Auf der Future Workplace Night 2025 in Leipzig steht genau dieses Spannungsfeld im Mittelpunkt:
„Gut aufstellen oder aufgeben? Das Ringen um Produktivität und Menschlichkeit.“
Im Vorfeld haben wir mit den Keynote-Speakern Lydia Zillmann und Stefan Brandys (Intuity) gesprochen – zwei Praktiker:innen, die technologische Veränderung und Leadership-Transformation eng miteinander denken.
Stefan formuliert es provokant:
„Leistung und Zufriedenheit lassen sich nicht durch mehr Kontrolle steigern, sondern nur durch Vertrauen – in Menschen und Technologie.“
Er beobachtet: KI ist nicht das Ende von Jobs, sondern das Ende alter Jobdefinitionen. Routinearbeit verlagert sich auf Systeme und schafft Raum für das, was menschliche Führung auszeichnet: Priorisieren, Entscheiden, Verbinden.
Lydia ergänzt:
„KI ist entweder der Untergang der menschlichen Kompetenz oder das Beste, was ihr je passieren konnte.“
Sie betont, dass wir bewusst gestalten müssen, was wir der Technologie überlassen und was wir uns als Menschen aktiv bewahren. Nicht die Frage „Geht das nicht einfacher mit KI?“ sei entscheidend, sondern: „Wie können Mensch und Technologie gemeinsam besser werden?“
Human in the Loop – Das neue Führungsprinzip
Das Konzept „Human in the Loop“ (HITL) beschreibt einen kollaborativen Ansatz, bei dem Menschen aktiv in die Entwicklung, Überwachung und Steuerung von KI und maschinellen Lernsystemen eingebunden sind. Statt dass KI-Systeme vollständig autonom agieren, werden menschliches Fachwissen, Urteilskraft und Kontextverständnis kontinuierlich mit eingebracht, um die Zuverlässigkeit, Genauigkeit und ethische Verantwortung der Systeme zu sichern.
Besonders im Zeitalter von KI ist dieser Ansatz essenziell, um Technologie als Unterstützung und Erweiterung menschlicher Kompetenz zu etablieren, nicht als deren Ersatz: Menschen gestalten mit, prüfen nach, stellen Fragen.
Diese „mitgestaltende Haltung“ verändert die Definition von Führung grundlegend: weg vom Entscheiden über Menschen, hin zum Entscheiden mit ihnen.
Ein Impuls, den Stefan dabei mitgibt, eignet sich als Führungsreflexion:
„Welche 30 % meiner Arbeit könnten Maschinen sofort übernehmen und was würde ich stattdessen tun?“
Lydia zeigt, wie das praktisch aussehen kann: Mit KI-unterstützten Leadership-Simulationen trainiert sie Führungskräfte in schwierigen Gesprächssituationen – KI als Sparringspartner, nicht als Ersatz.
Das Ergebnis: Führungsverhalten wird bewusster, Feedback direkter, Lernen dynamischer.
Der neue Erfolgsfaktor: Human Sustainability
Studien wie der Deloitte Human Capital Trends Report 2025 zeigen klar:
Organisationen, die „Human Sustainability“ aktiv fördern, also Wohlbefinden, Sinn und Lernfähigkeit als Teil der Wertschöpfung verstehen, erzielen bis zu 1,8-mal höhere finanzielle Performance und deutlich bessere Bindungswerte.
Führung im Jahr 2025 heißt, Bewusstsein zu schaffen für die Wechselwirkung von Produktivität und Menschlichkeit.
Wahre Produktivität entsteht dort, wo Vertrauen wächst, wo Menschen Verantwortung übernehmen dürfen und wo Technologie nicht als Ersatz, sondern als Verstärker menschlicher Stärken verstanden wird.
Die Lehre daraus: Menschlichkeit ist keine soziale Floskel oder „Nice-to-have“, sondern ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor.
Eine Einladung, Führung neu zu denken
Die zentrale Frage lautet also:
Wie schaffen wir Organisationen, die wirtschaftlich erfolgreich bleiben, weil sie menschlich geführt sind?
Genau darüber sprechen wir auf der Future Workplace Night 2025 am 12. November im Kunstkraftwerk Leipzig.
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