Geht nicht, gibt’s nicht: Wie ich trotz „Präsenzjob“ ein digitaler Nomade auf Zeit wurde

Aus einem anderen Land, selbst von einem anderen Kontinent aus zu arbeiten ist schon lange keine Sensation mehr. Berichte über „Digitale Nomaden”, die mit einem Laptop und einem halbwegs stabilen W-Lan alles haben, was sie zum Arbeiten brauchen, gibt es wie Sand am Meer. Aber ich bin kein digitaler Nomade, der Webdesigner ist oder einer anderen (reinen) IT-Tätigkeit nachgeht.

Als Fachberater für Changemanagement mit Digitalisierungsschwerpunkt verbringe ich viel Präsenzzeit bei Workshops und anderen Formaten. Und dennoch hat ein immer größer werdendes Fernweh in mir den Wunsch keimen lassen, meinem Präsenzjob zumindest für einige Wochen aus dem Ausland, genauer von Mexiko aus, nachzugehen. Ich habe mich also gefragt, wie ich meinen an Präsenz gebundenen Job aus der Ferne trotzdem gut machen kann.

Wie sich Präsenzjob und Fernweh vereinbaren lassen

Das Naheliegendste waren die Konzeptionsarbeiten für Workshops. Diese planen wir auch in Deutschland dezentral. Absprachen mit Kunden, die in der Regel telefonisch oder über Skype durchgeführt werden, sollten, wenn man die Zeitverschiebung beachtet, machbar sein. Und all die ganzen kleinen und mittelgroßen Schreib- und Fleißarbeiten, die sich über die Zeit angesammelt haben, ließen sich durch unsere digitale Zusammenarbeit auch von Mexiko aus kollaborativ bearbeiten. Es zeigte sich also, dass es genug zu tun gab, um von Mexiko aus für AviloX produktiv zu sein.

Mein Abenteuer konnte also beginnen. Ich musste nur noch alle Kollegen von meinem Plan in Kenntnis setzen, Kunden informieren, für Vertretungen sorgen, Termine umstrukturieren und meine Koffer packen. Nach etwa einem halben Jahr Vorlaufzeit, buchte ich mir einen Flug, sorgte für eine Unterkunft (mit Internetanschluss ?) und startete mein Arbeitsexperiment: 6 Wochen Mexiko!

 

Das Experiment Mexiko

Angekommen im Land des Tequilas bezog ich mein neues Domizil für die kommenden Wochen und legte los. Meine Arbeitstage sahen dabei aus wie die in Deutschland, mit dem Unterschied, dass ich auf Grund der Zeitverschiebung etwas früher angefangen habe. Dass die Internetverbindung dort besser war als bei mir daheim, hat mich wenig überrascht. Und so habe ich kurzerhand das Wohnzimmer zu meinem Büro erklärt und wie gewohnt mit der Kaffeetasse neben dem Laptop mit meiner Arbeit begonnen.

Es gab in der Tat nur zwei nennenswerte Unterschiede zu meiner Bürotätigkeit in Deutschland: Zum einen hat das gemeinsame (und häufigere) Essen einen höheren Stellenwert in Mexiko und zum anderen sind aufgrund der größeren Familien viel mehr Personen im Haus, sodass ich häufiger um Ruhe bitten musste – ein kultureller Unterscheid, den aber zur Not meine Kopfhörer in Konzentrationsphasen ausgleichen konnten und mir so eine produktive Arbeitsatmosphäre verschafften.

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5 Tipps, wie auch Ihr Arbeitsexperiment gelingen kann

Aus meinen Erfahrungen heraus, habe ich 5 wesentliche Punkte notiert, die AviloX und mir geholfen haben, meiner Arbeit auch von einem anderen Kontinent aus weiterhin und effektiv nachzugehen, die Kunden dabei nicht im Stich zu lassen und ein Gefühl zu vermitteln, als ob ich gar nicht so weit weg wäre.

1. Kunden und Kollegen frühzeitig informieren

Die Konzeption, die Durchführung und die Nachbereitung von Workshops sowie die Prozessbegleitung machen einen beträchtlichen Teil meiner Arbeit als Berater aus. Mit etwas mehr Absprachen und dem zeitlichen Eintakten von verschieden Zeitzonen kann das meiste aber auch aus der Ferne gesteuert werden, zumindest zeitweise. Meine Erfahrung war, dass Kunden gern dazu bereit waren, mit mir aus Mexiko zu arbeiten, nicht zuletzt, weil sie dadurch Teil wurden von diesem Experiment. Als kleine Anerkennung gab es dafür dieses Mal Weihnachtskarten aus Mexiko.

2. Unterstützung aus der Ferne erfordert Flexibilität

Unterschiedliche Zeitzonen sind Fluch und Segen zugleich. Die Arbeit von einem Kollegen aufzunehmen, wenn in Deutschland der Arbeitstag zu Ende geht und dem Kollegen beim Aufstehen den neuen Stand oder ein fertiges Konzept zu zeigen, bringt gerade im schnelllebigen Projektgeschäft eine echte Erleichterung mit sich. Allerdings sollte man sich im Vorfeld auch auf sehr frühes Aufstehen und auch mal auf langes Wachbleiben einstellen können und wollen. Meine Erfahrung zeigt aber, dass Kollegen und Kunden in der Regel großes Verständnis aufbrachten und wir uns immer einig wurden bei der Konzeption gemeinsamer Termine. Außerdem handelte es sich ja lediglich um sechs Wochen, in denen ich gern bereit war, auch mal ungewöhnliche Arbeitszeiten auszuprobieren.

3. Vorbereitung ist in diesem Fall deutlich mehr als die halbe Miete

Das neben dem Tagesgeschäft Aufgaben und Themen liegen bleiben können, denen man sich unbedingt mal widmen möchte, kennt sicherlich jeder und genau diese Liste an Aufgaben und Themen war ein Quell an Inspiration. Außerdem überlegt man es sich bei Telefongebühren von 3 Euro pro angefangene Minute ganz genau, ob Anrufe angenommen werden oder nicht und so entstand eine zwar nicht ganz freiwillige, aber wohltuende Ruhe für konzentriertes Arbeiten.

4. Arbeitsumfeld sicherstellen

Vorbereitung ist das A und O. Im Vorfeld habe ich sichergestellt, dass ich alles vorfinde, was ich zum Arbeiten brauche: Schnelles Internet, ein Tisch, ein Stuhl und natürlich die obligatorischen Post-its ließen sich schnell organisieren. Co-Working-Spaces, in denen man sich tageweise einmieten kann, finden sich inzwischen auf der ganzen Welt. Mit diesem organisatorischen Setting im Gepäck war mein Arbeitsumfeld auch tausende Kilometer entfernt sichergestellt.

An eine ganz besondere Anschaffung hatte ich aber im Vorfeld nicht gedacht: Kopfhörer mit Noise-Canceling! Diese entpuppten sich in Mexiko als unerlässlich, denn es kann dort schnell mal lauter werden. Dafür waren die Mittagspausen immer ein Erlebnis! ?

5. Packliste

Der einzige nennenswerte Fauxpas unterlief mir während eines Termins, bei dem ich feststellen musste, dass meine Notizen dafür in Deutschland lagen. Nach einigen Gedächtnisanstrengungen ließ sich aber auch das regeln. Und somit kann ich eigentlich – so banal es klingen mag – als fünften und letzten Tipp angehenden Nomaden nur raten, beim Packen alles doppelt zu checken und sicherzugehen, dass wirklich alles für die Arbeit dabei ist. Und wer denkt, dies sei eine Selbstverständlichkeit, der hat noch nie im Urlaub etwas kaufen müssen, was er zwar besitzt, aber nicht dabei hat, weil es neben den Notizen auf dem heimischen Schreibtisch liegt.

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Fazit

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Für mich persönlich ist mein Mexiko-Experiment eine gelungene und erkenntnisreiche Erfahrung gewesen. Durch die flexible digitale Zusammenarbeit musste ich kaum Abstriche machen. In der gemeinsamen Arbeit war es schön zu merken, dass ich trotz der Distanz Teil des Teams geblieben bin. Obwohl ich keine Präsenztermine beim Kunden wahrnehmen konnte, habe ich endlich Zeit gefunden die Themen zu bearbeiten und voranzutreiben, die wegen des Kundengeschäfts ins Hintertreffen geraten sind.

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Sicherlich kann ich mir kein dauerhaftes Nomadenleben vorstellen, aber ich denke, es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich den deutschen Winter etwas verkürze. (Aber Lebkuchen nehme ich mir beim nächsten Mal definitiv mit!)

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